Japanische Filme auf der Berlinale 2020
Letztes Jahr waren die japanischen Filme auf der Berlinale leider nicht so üppig gesäht. Umso erstaunlicher war dann, dass das Fantasy Film Fest im Herbst gleich mit mehreren hochkarätigen Produktionen aufwarten konnte, die jetzt auch keine typische, eindimensionale Genre-Kost waren. 2020 hält das Programm der Berlinale jedenfalls ein sehr breites Spektrum an japanischen Filmen bereit
In den Wettbewerb hat es leider kein Film aus Japan geschafft.
Forum und Foum Expanded
Gishiki
Oshimas Gesellschaftsdrama „Gishiki – 儀式 – Die Zeremonie“ aus dem Jahre 1971 geht den Brüchen in der japanischen Nachkriegsgesellschaft nach, wie man im Trailer sehr exemplarisch sehen kann. Unter anderem mit Nobuko Otowa, die in der großen Kenji Mizuguchi Retrospektive gerade in Oyu sama zu sehen war und auch durch ihre Rolle der Mutter in Yabu no naka no Kuroneko bekannt ist. Atsuo Nakamura dürfte hierzulande vor allem durch seine Rolle als Rebellenanfürer Lin Chung in der Fernsehserie Die Rebellen vom Liang Shan-Po einem breiteren Publikum bekannt sein.
Seishin 0
Seishin 0 (Zero) von Kazuhiro Soda feiert auf der Berlinale seine internationale Premiere. Kazuhiro Soda hat in den letzten Jahren ausschließlich Dokumentarfilme gedreht. Seishin 0 ist die Fortsetzung des Films Seishin von 2008, der den Psychiater Masatomo Yamamoto portraitiert und Seishin 0 zeigt nun, wie der 82jährige sich von seinen Patienten verabschiedet.
Abstracted / Family
Abstracted / Family von Koki Tanaka ist eine Film Installation in der Sektion Forum Expanded, die dem Konzept Familie in seinen Funktionen nachgeht. Mit fast zwei Stunden Laufzeit dürfte die Grenze zum Spielfilm aber wohl eher fließend sein.
Im Forum Expanded laufen außerdem noch die internationalen Coproduktionen mit japanischer Beteiligung „Citizens of the cosmos“ von Anton Vidokle und „Akiya“ von Jonna Kina. In beiden Filmen wird mit Verfremdung gearbeitet. Anton Vidokle überträgt das russische Konzept des Kosmismus in die japanische Gesellschaft und Jonna Kina lässt in verlassenen Häusern Texte in Altjapanisch von einem Tonband abspielen.
Encounters
The Works and Days (of Tayoko Shiojiri in the Shiotani Basin)
in dieser Sektion feiert die internationale Co-Produktion „The Works and Days (of Tayoko Shiojiri in the Shiotani Basin)“ von Anders Edström und C.W. Winters, die in der Gegend um Kyoto spielt, ihre Weltpremiere. Der Film zeigt in einer Dauerbeobachtung das Leben einer Bäuerin in einem Bergdorf in der Nähe von Kyoto. Dauerbeobachtung kann man bei diesem Film auch noch anders verstehen, da er insgesamt acht Stunden lang ist. Während der Vorführung sind drei Pausen geplant.
Zur Jury der Encounters Sektion der Berlinale 2020 gehört der japanische Filmproduzent Shozo Ichiyama, der beispielsweise für Sabus Mr. Long verantwortlich zeichnet, der bei der Berlinale 2017 im Wettbewerb lief.
Generation
Kaze no Denwa
Dieser Film von Nobuhiro Suwa, dessen Titel man auch Windtelefon übersetzen kann, basiert auf einer tatsächlichen Begebenheit. Es geht unter Anderem um eine Telefonzelle von der man glaubt, dass sie eine direkte Verbindung zu den Toten herstellen kann. Die Protagonistin hat ihre Familie in der Tsunami-Katastrophe 2011 verloren und reist durch Japan.
Sonderprogramm „On Transmission“
Im Sonderprogramm der Berlinale 2020 läuft „ワンダフル ライフ – Wandafuru raifu“, komischerweise unter dem englischen Titel „After life“, von Hirukazu Koreeda aus dem Jahr 1998. Nach „Shoplifters“ und „La Vérieté“ ist Koreeda inzwischen auch bei uns ein großer Name. Also ist es an der Zeit sich einmal mit seinem früheren Werken zu beschäftigen. In Wandafuru raifu müssen sich kürzlich Verstorbene für eine Erinnerung aus ihrem Leben entscheiden, die sie dann in der Ewigkeit immer wieder durchleben.
Wandafuru raifu wird im Anschluss an ein Gespräch zwischen Ang Lee und Hirokazu Koreeda gezeigt. Vor dem Gespräch gibt es Brokeback Mountain von Ang Lee zu sehen. Interessanterweise das einzige Gespräch in der Reihe mit Teilnehmern aus zwei unterschiedlichen Ländern.
Berlinale Classics
Bushido zankoku monogatari
In den Berlinale Classics werden neu restaurierte Klassiker gezeigt. Der Episodenfilm Bushido zankoku monogatari folgt einer Samuraifamilie über sieben Generationen. Kinnosuke Nakamura hat als Hauptdarsteller somit sieben Rollen zu absolvieren. Für diesen Film bekam Regisseur Tadashi Imai dann auch 1963 den goldenen Bären.
King Vidor Retrospektive
Japanese War Bride
In dieser Sektion hatte ich gar keinen Film mit Japanbezug erwartet. Der große Regisseur des frühen Hollywood King Vidor hat aber 1953er den Film Japanese War Bride gedreht. Ein G.I. hat während des Koreakriegs eine Japanerin geheiratet und sieht sich zurrück in den U.S.A. mit Rassismus und Heuchelei konfrontiert.